Wieso Ällei und in wie fern ist Ällei barrierefrei?

Der Name Ällei

Wenn man sich ein paar Statistiken anschaut, wird deutlich, wie schlecht es aktuell noch um Barrierefreiheit im Internet steht: Nur rund 2% der Internetseiten entsprechen dem gängigen Standard, wie Barrierefreiheit auf Webseiten umgesetzt werden soll. Damit ist ein Großteil des Internets für die rund 10% der Nutzer:innen, die auf Barrierefreiheitsfunktionen angewiesen sind, unzugänglich. 

Bei unserer Recherche zum Thema digitale Teilhabe stießen wir bald auf einen Begriff: “a11y”.  Er ist eine Kurzfassung des englischen Wortes “Accessibility”, dem englischen Begriff für Barrierefreiheit. Die Zahl 11 bei “a11y” steht dabei für die elf Buchstaben, die zwischen dem a und dem y in dem Kurzwort weggelassen wurden. Die 11 wird als zwei LL gelesen, so ergibt sich ein neues englisches Wort “ally”, was soviel bedeutet wie Verbündete:r oder Mitstreiter:in. 

Unter dem Begriff “a11y” versammeln sich also Menschen, die gemeinsam Barrieren im Internet abbauen wollen. Mit unserem Projekt wollen wir etwas zu dieser Gemeinschaft beitragen. Ällei soll außerdem allen Menschen, die das Sommerblut besuchen wollen, helfen. Darum finden wir es sehr passend, diesen Begriff als Name des Bots anzueignen. 

Wir verwenden die Schreibweise Ällei, weil sie auf deutsch gelesen der englischen Aussprache von “ally” sehr nahe kommt. Dies hat auch einen ganz praktischen Hintergrund: Es gibt Software, die von Menschen mit Seheinschränkungen genutzt wird, um sich Texte vorlesen zu lassen. Diese “screenreader” (wörtlich: Bildschirmvorleser) erkennen meist noch nicht, wenn in einen deutschen Text einzelne englische Worte eingebaut sind. Diese Software würde also den Namen unseres Bots vollkommen falsch aussprechen, wenn wir “ally” genutzt hätten. Schon so kleine Details, wie der Name eines Projektes, können also Barrieren erzeugen - in diesem Beispiel nicht nur für Menschen, die auf screenreader angewiesen sind, sondern auch Menschen, die wenig Englisch-Kenntnisse haben. 

Eine barrierefreie Internetseite, was bedeutet das eigentlich?

Was tut Ällei um barrierefrei zu sein?

Dazu muss man zunächst ein bisschen darüber wissen, wie Chatbots eigentlich funktionieren. Die meisten Bots, denen wir im Netz begegnen, nutzen im Hintergrund einen Service, den vor allem zwei sehr große IT-Unternehmen anbieten: IBM und Google. Dieser Service erhält die Anfragen der Nutzer:innen, versucht sie zu verstehen und gibt die Antworten an die Nutzer:innen zurück. So ein Bot ist also zunächst ein gestaltloses Wesen, das auf irgendeinem Server wohnt. Damit es mit den Menschen kommunizieren kann, muss es eine Gestalt annehmen, und hier bieten die großen Dienstleister verschiedene Schnittstellen an: Mache Bots kann man über Chat-Programme wie Telegram oder Whatsapp erreichen, andere tauchen als kleines Funktionsfeld unten rechts in der Ecke einer Webseite auf, manche lassen sich sogar über herkömmliche Telefone anrufen und sprechen dann mit einer Roboterstimme. 

Wir haben gemerkt, dass die Kommunikationsmöglichkeiten, die diese Schnittstellen zwischen Bot und Menschen bieten, bereits sehr vielfältig sind. Doch keine der Schnittstellen, die wir gefunden haben, ist darauf spezialisiert, den verschiedenen Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen zu entsprechen. Darum haben wir entschieden, zusammen mit dem Unternehmen mindscreen, dass auf barrierefreie Internetseiten spezialisiert ist, selbst eine solche Schnittstelle zu entwickeln. 

Und jetzt nochmal konkret: 

Einen Chatbot barrierefrei zu gestalten ist eine sehr große Herausforderung, denn die Inhalte eines Gesprächs bestehen ja nicht nur aus vorgefertigten Nachrichten des Bots, sondern auch aus Antworten des menschlichen Gegenübers. Eine sehr dynamische Situation also. Um Barrierefreiheit zu ermöglichen, ist es aber zentral, Textinhalte in verschiedenen Sprachen anzubieten, etwa in Leichter Sprache oder als Video in Deutscher Gebärdensprache. Dynamische Texte lassen sich jedoch aktuell nur mit sehr großem Aufwand und Fehlerpotential automatisiert in diese Sprachen übersetzen, daher kam dies für uns nicht in Frage. Wie etwa bei Gebärdensprach-Avataren der aktuelle Stand der Technik und Forschung ist, schauen wir uns in einem späteren Blogbeitrag an. 

In unserer ersten Version von Ällei arbeiten wir darum mit Antwortmöglichkeiten: Mit jeder Nachricht an die Nutzenden schickt Ällei auch Vorschläge mit, was die Person vor dem Bildschirm weiter fragen könnte. Dies ermöglicht uns zum einen, dass wir alle Texte schon zuvor übersetzen können, zum anderen ist für die Nutzenden so auch eine Eingabe möglich, ohne selbst Texte schreiben zu müssen, indem sie einfach auf einen Vorschlag klicken.

 

Folgende weitere Elemente nutzen wir um Barrierefreiheit zu erreichen: 

Einfache Sprache:

Grundsätzlich benutzte Ällei einfach verständliche Sätze. Meist entsprachen diese sogar dem klaren Regelwerk der Leichten Sprache. Da Leichte Sprache für Menschen, die sie nicht gewohnt sind, wiederum verwirrend wirken kann, entschieden wir jedoch, manchmal von diesen Regeln abzuweichen. 

Übersetzungen in Deutsche Gebrädensprache:

Alle Antworten von Ällei, sowie alle Antwortmöglichkeiten, die Ällei vorschlägt, waren auch neben den Texten in einem Video als Übersetzung in DGS zu sehen. So wurde auch Menschen, die gar kein Schriftdeutsch lesen können, die Kommunikation mit Ällei ermöglicht. 

Für Screenreader optimierte Internetseite:

Die Internetseite, auf der Ällei lebt, wurde für die Nutzung mit Vorlese-Software optimiert. Damit soll blinden Menschen die Kommunikation ermöglicht werden. 

Außerdem trafen wir noch eine inhaltliche Entscheidung: Unser System sollte die Menschen nicht von vornherein nach Bedürfnissen sortieren. Konkret bedeutet dies, dass alle Nutzer:innen dieselbe Schnittstelle nutzen und dabei nicht zu Beginn eine Sprachauswahl stattfindet. Wir wollten so einerseits eine Sichtbarkeit für Barrierefreiheit erzeugen: Viele Menschen waren noch nie in Kontakt mit barrierefreier Kommunikation, haben zum Beispiel noch nie einen Text in Leichter Sprache gelesen. Abgesehen davon wollten wir auf diese Weise auch transparent machen, welche Teile unseres Projektes barrierefrei sind und welche nicht. 

Diese Entscheidung ist durchaus kritisierbar, denn bei Barrierefreiheit geht es oft nicht um ein gleiches Erleben, sondern um ein gleichwertiges Erleben. Gerade für Menschen, die auf einen Screenreader angewiesen sind, ist jeder Inhalt auf der Internetseite, der für sie irrelevant ist, eine weitere Barriere, denn sie müssen sich alle Texte und Objekte vorlesen lassen. Dies kostet viel Zeit, wohingegen sehende Menschen diese Objekte viel leichter ignorieren können.

7.11.2022

Logbuch 2: Ein Team wird gesucht

Diversität im Entwickler:innen Team als Basis für digitale Teilhabe

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